Obwohl sich die Lkw-Hersteller (aus verständlichen Gründen) äußerst zurückhaltend zu den laufenden Schadensersatzklagen des Lkw-Kartells äußern, mussten sie im Hintergrund bereits mit den wahrscheinlich unvermeidlichen Konsequenzen rechnen.
Darauf deutet zumindest der Jahresabschluss der Mercedes Benz Gruppe hin, in dem sie bereits eine beträchtliche Rückstellung (mehr als 1 Milliarde Euro) für Rechtsstreitigkeiten und rechtliche Risiken gebildet hat, die sie (obwohl sie versucht hat, kryptisch zu sein) mit detaillierten Erklärungen gemäß den Rechnungslegungsvorschriften untermauern musste. Ihre Motivation ist verständlich, denn wenn sie dies nicht getan hätten, wären sie in Zukunft möglicherweise wegen Irreführung ihrer Aktionäre verklagt worden.
Mercedes-Benz Group AG (ehem. Daimler AG) greift noch auf die Rechnungslegungsregel IAS 37 (Verheimlichen, wofür genau man Rückstellungen bildete) zurück und gibt 1,070 Mrd. € an Rückstellungen an.
Nachstehend die Ausführungen im Geschäftsbericht Daimler Truck
Kartellrechtliche Verfahren (einschließlich Schadensersatzklagen)
Die Mercedes-Benz Group AG (ehemals Daimler AG) war als ehemalige Muttergesellschaft der Daimler Truck AG Adressantin eines von der Europäischen Kommission eingeleiteten Kartellverfahrens. Im Juli 2016 erließ die Europäische Kommission einen Vergleichsbeschluss gegen die damalige Daimler AG und vier andere europäische Lkw Hersteller wegen ihrer Beteiligung an wettbewerbswidrigem Verhalten, das im Hinblick auf die Preisgestaltung und die Weitergabe der Kosten für die Einhaltung strengerer Emissionsvorschriften für Lkw einen Verstoß gegen europäische Kartellvorschriften darstellte.
Die Europäische Kommission stellte fest, dass die Daimler AG vom 17. Januar 1997 bis zum 18. Januar 2011 an den betreffenden Vereinbarungen beteiligt war.
Die in der Vergleichsentscheidung der Europäischen Kommission gegen die Daimler AG verhängte Geldbuße belief sich auf rund 1,09 Mrd. € und wurde im Jahr 2016 vollständig bezahlt.
So schreibt Daimler selbst im Geschäftsbericht:
„Im Anschluss an die Vergleichsentscheidung der Europäischen Kommission wurden in mehreren Rechtsordnungen Klagen, Sammelklagen und andere Rechtsmittel zur Geltendmachung von Schäden durch direkte und indirekte Lkw Kunden eingereicht oder eingeleitet. Eingeklagte Schadenersatzansprüche könnten zu einer erheblichen Haftung des Daimler Truck-Konzerns sowie zu erheblichen Kosten für erforderliche Verteidigungsmaßnahmen führen. Dies könnte erhebliche negative Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit und die Finanzlage des Konzerns haben.
Im Zusammenhang mit den oben beschriebenen Kartellverstößen sind die wesentlichen Klagen (einschließlich bestimmter Arten von Sammel- oder Gruppenklagen) in Deutschland, dem Vereinigten Königreich, den Niederlanden und Spanien anhängig oder eingeleitet worden. Auch in einigen anderen europäischen Ländern und in Israel (insgesamt ca. 20 Länder) sind Klagen anhängig.
Der Daimler Truck-Konzern ergreift geeignete Rechtsmittel, um sich gegen die Klagen zu verteidigen.
Da rechtliche Verfahren mit erheblichen Unsicherheiten behaftet sind, ist es möglich, dass sich die für sie gebildeten Rückstellungen nach abschließenden Verfahrensentscheidungen teilweise als unzureichend erweisen. Infolgedessen können erhebliche zusätzliche Aufwendungen entstehen. Dies trifft auch auf rechtliche Verfahren zu, für die aus Sicht des Konzerns keine Rückstellungen zu bilden waren.
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die vorgenannten Risiken aus Regulierung und rechtlichen Verfahren einzeln oder in ihrer Gesamtheit erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Ertrags, Finanz und Vermögenslage des Konzerns oder der Segmente haben könnten.
Obwohl der jeweilige endgültige Ausgang einzelner rechtlicher Verfahren das Ergebnis und den Cash Flow des Konzerns in einer bestimmten Berichtsperiode beeinflussen kann, werden die daraus eventuell resultierenden Verpflichtungen nach Einschätzung des Konzerns jedoch keinen nachhaltigen Einfluss auf die Vermögenslage des Daimler TruckKonzerns haben.“
Andere Lkw-Hersteller seien zu einem ähnlichen Schluss gekommen, wie aus ihren Jahresberichten hervorgeht.
Angesichts dreier Urteile beim Bundesgerichtshof ist die Einschätzung reichlich optimistisch und nicht durch Tatsachen belegt, meinen unsere Experten.