Lkw-Kartellklagen – Ein Vergleich der Fälle in Großbritannien und Deutschland

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Nach mehreren Jahren langen Stillstands haben die jüngsten Entwicklungen im Fall RHA die Entschädigung für Lkw-Kartelle in Großbritannien wieder ins Gespräch gebracht.

Für diejenigen, die die neuesten Nachrichten vielleicht verpasst haben, eine Entscheidung des Competition Appeal Tribunal vom 8. Juni 2022 hat der Road Haulage Association das Recht gegeben, ihre Sammelklage im Namen der Transportunternehmen fortzusetzen, um Schadensersatz vom LKW-Kartell zu erhalten.

Viele Details müssen in den kommenden Tagen noch geklärt werden, aber es ist schon offensichtlich, dass die Entscheidung zwar insgesamt ein Erfolg für die RHA ist, auch einige Einschränkungen verhängt hat. Das Urteil besagt zum Beispiel, dass Lkws, die außerhalb Großbritanniens gekauft oder geleast wurden, von dem Verfahren ausgeschlossen sind.

Dr. Werner A. Meier von der Anwaltskanzlei Marzillier, Dr. Meier & Dr. Guntner (München, Deutschland) fasst die wichtigsten Fakten zusammen, die britische Lkw-Besitzer wissen müssen, wenn sie sich entscheiden, ein Schadensersatzverfahren in Deutschland einzuleiten, anstatt dies vor Ort zu tun.

  1. Die Frage der Verjährung wird durch das deutsche Sachrecht geregelt. Hiernach ist noch keine absolute Verjährung eingetreten.
    Im Klartext: für neue Lkws, die zwischen 2007 und 2016 gekauft / geleast wurden, können noch Ansprüche  auf Entschädigung bestehen.
  2. Besitzer von Lkws, die innerhalb der EU*/EWR**/Schweiz und des Vereinigten Königreichs gekauft/geleast wurden, können ihren Schadensersatz vor deutschen Gerichten einklagen.
  3. Auch wenn das Verfahren gegen Scania noch anhängig ist (siehe unser letztes Update hier), können Käufer jeder der 7 Lkw-Marken: DAF, Iveco, MAN, Mercedes, Renault, Scania, Volvo Schadensersatzansprüche geltend machen.
  4. Eine wichtige Entwicklung ist die Rechtsprechung des deutschen Bundesgerichtshofs, der in seinem Urteil vom 23.09.2020 die grundsätzliche Haftung der Kartellanten und die Rechtsposition der Kläger voll bestätigt hat. Ebenfalls wichtig: Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat in einem aktuellen Urteil die Berufung zum Bundesgerichtshof nicht zugelassen. Dies ist ein klares Signal, dass die grundsätzlichen Haftungsfragen im Lkw-Kartellfall geklärt sind und die Landgerichte die Prozesse auf der Grundlage fester Richtlinien abarbeiten können.
  5. Schadensermittlung: im dt. Recht ist die Möglichkeit der Schätzung normiert. Dies kann die Sachlage erheblich vereinfachen.
  6. Wenn Sie vor einem deutschen Gericht klagen, ist das Risiko der Unzulässigkeit ausgeschlossen.
  7. Im Gegensatz zu den in Großbritannien weit verbreiteten Sammelklagen (sog. SPV-s) schaffen Einzelklagen vor deutschen Gerichten ein unvergleichliches Maß an Transparenz. Jeder Kläger bekommt vom Gericht eigens für ihn selbst einen exakten Zuspruch in Euro und Cent und dem Beginn des Zinslaufs.
  8. Die Gerichte sind schon weit mit der Schadensermittlung, die bereits im Jahr 2019 begann.

* EU-Länder: Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn und Zypern.

** EWR-Mitgliedsländer: Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Island, Italien, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn und Zypern.ngarn und Zypern.

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